Dokumentarfilm // Die Goldenen Zitronen

Was: Übriggebliebene ausgereifte Haltungen

Wann: ab dem 6.11.08

Wo: Lichtblick-, Eiszeit-Kino

Peter, Du machst Scheiß-Filme.

Wackelkamera, schlechter Ton, Lücken, Patzer. So was hat man noch nicht gesehen. RegisseurPeter Ott hat einen klassisch dilettantischen Dokumentarfilm über die Goldenen Zitronen gemacht. Ganz in Zitronen-Manier fehlt alles Erwartbare. Sogar die beiden Köpfe der Hamburger Band Ted Gaier undSchorsch Kamerun. Weil die beiden – das verriet Ted Gaier gestern bei der Premiere des Films im Arsenal-Kino – eh immer im Mittelpunkt stehen, wollten sie in diesem Auftragswerk lieber gar nicht vorkommen. So ist der einzige O-Ton von Kamerun: “Peter, Du machst Scheiß-Filme. Lass mich in Ruhe.”

Dafür kommen alle anderen ehemals oder noch Beteiligten und Freunde der Band zu Wort. Ale Sexfeind, der erzählt, wie er “rausgemobbt” wurde. Julius Block, der als Thomas Wenzel bei den Sternen spielt und bedauert, dass man heute leider nicht mehr einfach aus einer Band aussteigen kann. Mense Reets von Egoexpress, Francoise Cactus von Stereo Total und Hans Platzgumer. Melissa Logan vonChicks on Speed, die auch an dem Album “Lenin” beteiligt war oder Daniel Richter, der ehemalige Manager der Zitronen und heute gefeierte Maler der Leipziger Schule, der das Cover zu “Lenin” machte. Und weil Kamerun und Gaier nicht reden, lässt Peter Ott die beiden einfach von seinem 80jährigen Schwiegervater spielen. Der Film erzählt chronologisch – und das ist die einzige Orientierung, die man hat – die “Geschichte” der Band und warum sie sich gegen den Fun-Punk und für experimentellerere Texte und Arrangements entscheiden musste.

Nicht nur inhaltlich besticht der Film, sondern auch aufgrund seiner filmischen Erhlichkeit. Kein 16:9, sondern 4:3, der Autor versteckt sich nicht, sondern stolpert einfach mit seiner Kamera durch die Gegend, und es kommt hier kein Filmteam mit einem vorgefertigten Konzept, das alle Bider schon vor Drehbeginn festgelegt hat, sondern ein Typ, der die Kamera auf das hält, was passiert. So werden Dokumentarfilme gemacht. Das möchte man sehen. Übrigens ganz im Sinne sozialistischer Dokumentarfilmer wie Jürgen Böttcher und Thomas Heise. Und eben im Sinne des Punk. Keine Proben. Kein Konzept. Einfach los. Ehrlich und schön.